Wucht und Normung
Lyrik
Wandel
Ocker

Die Heimat, das Paradies auf Erden und des Schöpfers Werk, es lebt nur in unseren Köpfen. In Wirklichkeit stirbt dieser Ort jeden Tag aufs Neue mit jeder Veränderung an die sich immer wieder ändernden Umstände.

Wir wollen den schmerzhaften Verlust auf niedriger Flamme köcheln, widmen unser Handeln dem Bewahren und Konservieren. Wir bauen Mauern, sichern Grenzen. Wir erlassen Gesetze, strafen Regelbrecher. Die Heimat ist tot, lang lebe die Heimat.

Wir lassen den Schmerz hinter uns, treten die Flucht nach vorn an. Wir stürzen uns täglich in ein neues Abenteuer. Wir reißen Mauern ein, überschreiten Grenzen. Wir werfen alles um, loben den Fortschritt. Die Heimat ist tot, lang lebe die Heimat.

Starke Frauen im Ringen um die absolute Wahrheit. Starke Männer auf der Suche nach einem neuen Selbst. Auf der größten Bühne vertiefen die Letzten und die Ersten den Graben. Alle anderen kennen ihre Antwort schon: Geld regiert die Welt.

Von der Ferne drückt sich eine sonderbare Wolke über das Habitat. Sie ist farblos, obwohl eine jede die Farbe zu erkennen vermag. Diese Wolke begräbt das Leben, zurück bleibt Sternenstaub. Heimat und Hoffnung nur noch Worte, ihr Hort geraubt.

Doch welch ungeheure Wucht zerstörte die stabilste Ordnung? Oder kam ihr schleichendes Ende erst durch die Normung?

Autor*in: môriše